Die Dichtkunst hat in ihrer langen Geschichte eine Vielzahl verschiedener Formen hervorgebracht. Zwei davon sind Haikus und Sonette, die vordergründig kaum unterschiedlicher sein könnten. Während Haikus aus der japanischen Lyrik stammen und sich durch ihre reduzierte, prägnante Form auszeichnen, haben Sonette ihren Ursprung in der italienischen Renaissance und sind durch eine strengere Struktur und raffinierte Reime geprägt. Doch trotz dieser offensichtlichen Unterschiede verbindet die beiden Dichtungsformen auch einiges, vor allem die Herausforderung, innerhalb der vorgegebenen Struktur tiefgreifende Gedanken und Emotionen auszudrücken. In diesem Artikel soll es um den Unterschied zwischen Haikus und Sonetten gehen und was sie jeweils einzigartig macht.
Haikus: Einfachheit und Naturverbundenheit
Haikus sind kurze Gedichte, die aus Japan stammen und meist drei Zeilen mit fünf, sieben und wieder fünf Silben umfassen. Sie sind geprägt von ihrer Einfachheit und Naturverbundenheit und fangen in wenigen Worten das Wesentliche eines Moments oder einer Stimmung ein. Ein bekanntes Beispiel für ein Haiku ist das folgende von Matsuo Basho:
Altes stilles Haus Blauregen blüht und wächst aus dem Traum entschwand
Hierbei sei anzumerken, dass die Übersetzung ins Deutsche oft nicht die ursprüngliche Silbenstruktur bewahrt. Haikus verzichten bewusst auf Metaphern oder Reime und lenken dafür den Fokus auf die Erkenntnisse oder Erfahrungen, die sich in der Beobachtung der Natur und des Alltags ergeben. Haikus sind vor allem durch ihren Minimalismus und die Fähigkeit des Dichters, mit wenigen Worten vielschichtige Gedanken und Gefühle auszudrücken, faszinierend.
Sonette: Reim und Regelwerk als Herausforderung
Sonette stammen ursprünglich aus Italien und gelangten im 16. Jahrhundert nach England und Deutschland. Sie sind streng strukturierte Gedichte, die aus 14 Versen mit jeweils zehn oder elf Silben bestehen und sich durch ein ausgeprägtes Reimschema auszeichnen. Ein klassisches Sonett besteht aus zwei Quartetten (vierzeilige Strophen) und zwei Terzetten (dreizeilige Strophen). Das Reimschema variiert dabei je nach kulturellem Kontext. Im italienischen Sonett sind es meist a-b-b-a, a-b-b-a, c-d-e, c-d-e oder c-d-c, c-d-c.
Ein Beispiel für ein deutsches Sonett ist das folgende von Andreas Gryphius:
Es ist schon spät, es wird schon kalt, Was reitst du einsam durch den Wald? Der Wald ist lang, du bist allein, Du schöne Braut! Ich führ dich heim! "Groß ist der Männer Trug und List, Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist, Wohl gutlich war in jener Stund', Als ich ans Ufer kam, und da Der Fährmann mir zurufen lief, Die Fähre hing an ihrem Seil
Bei Sonetten steht vor allem die Meisterschaft des Dichters im Umgang mit Sprache, Rhythmus und Reim im Vordergrund. Die Herausforderung besteht darin, innerhalb des strengen Regelwerks ein stimmiges und gehaltvolles Gedicht zu schaffen.
Der Unterschied in der Tabelle:
Haiku | Sonett | |
---|---|---|
Herkunft | Japan | Italien |
Struktur | 3 Zeilen, 5-7-5 Silben | 14 Verse, meist 2 Quartette und 2 Terzette |
Reim | Keine Reime | Strenges Reimschema, z.B. a-b-b-a, a-b-b-a, c-d-e, c-d-e |
Themen | Natur, Alltag, Beobachtungen | Vielfältig, oft Liebe, Leben, Kunst |